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Dienstag, 24 Juli 2018 10:48

Erbrecht – Update Digitaler Nachlass

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12.07.2018 entschieden, dass der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk grundsätzlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten übergeht und diese einen Anspruch gegen den Netzwerkbetreiber auf Zugang zu dem Konto einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte haben.

Über diesen Fall hatten wir bereits berichtet:
Die Tochter der Klägerin verfügte über einen Account bei einem sozialen Netzwerk. 2012 verstarb das Mädchen unter bisher ungeklärten Umständen infolge eines U-Bahnunglücks. Die Klägerin versuchte hiernach, sich in das Benutzerkonto ihrer Tochter einzuloggen. Dies war ihr jedoch nicht möglich, weil die Beklagte es inzwischen in den sogenannten Gedenkzustand versetzt hatte, womit ein Zugang auch mit den Nutzerdaten nicht mehr möglich ist. Die Inhalte des Kontos bleiben jedoch weiter bestehen.
Die Klägerin beansprucht mit ihrer Klage von der Beklagten, den Erben Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto zu gewähren, insbesondere zu den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten. Sie macht geltend, die Erbengemeinschaft benötige den Zugang zu dem Benutzerkonto, um Aufschluss darüber zu erhalten, ob ihre Tochter kurz vor ihrem Tod Suizidabsichten gehegt habe, und um Schadensersatzansprüche des U-Bahn-Fahrers abzuwehren.
Der Bundesgerichthof hat nun zugunsten der Mutter als Erbin ihrer Tochter entschieden:
Die Erben haben gegen die Beklagte einen Anspruch, ihnen den Zugang zum Benutzerkonto der Erblasserin und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten zu gewähren. Dies ergibt sich aus dem Nutzungsvertrag zwischen der Tochter der Klägerin und der Beklagten, der im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erben übergegangen ist. Dessen Vererblichkeit ist nicht durch die vertraglichen Bestimmungen ausgeschlossen.
Eine Differenzierung des Kontozugangs nach Vermögenswerten und höchstpersönlichen Inhalten scheidet aus. Nach der gesetzgeberischen Wertung gehen auch Rechtspositionen mit höchstpersönlichen Inhalten auf die Erben über. So werden analoge Dokumente wie Tagebücher und persönliche Briefe vererbt, wie aus § 2047 Abs. 2 und § 2373 Satz 2 BGB zu schließen ist. Es besteht aus erbrechtlicher Sicht kein Grund dafür, digitale Inhalte anders zu behandeln.
Einen Ausschluss der Vererblichkeit auf Grund des postmortalen Persönlichkeitsrechts der Erblasserin hat der Bundesgerichtshof ebenfalls verneint.
Auch das Fernmeldegeheimnis steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Der Erbe ist, da er vollständig in die Position des Erblassers einrückt, jedenfalls nicht "anderer" im Sinne von § 88 Abs. 3 TKG.
Schließlich kollidiert der Anspruch der Klägerin auch nicht mit dem Datenschutzrecht.

Fazit: Die Entscheidung stellt ausdrücklich dar, dass Zugangsdaten zu sozialen Netzwerken (ebenso wie andere Daten) nach denselben Regeln vererbt werden können, wie sonstiges Vermögen.

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Publiziert in Newsblog

Auch wenn zunächst die Bewältigung eines Trauerfalles im Vordergrund steht, ist früher oder später zu klären, wer für die Kosten der Bestattung des Verstorbenen aufkommt:

Sind Angehörige des Verstorbenen vorhanden, ist zunächst zu klären, ob diese zu Erben berufen worden sind: Grundsätzlich hat dann nämlich der Erbe sämtliche Kosten der Beerdigung des Erblassers zu tragen. Mehrere Erben haften gleichrangig nebeneinander.

Der Erbe hat stets die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen. Dies hat grundsätzlich zur Folge, dass er dann auch nicht mehr für die Schulden des Erblassers haftet. Dies gilt jedoch nicht unbedingt für die Beerdigungskosten:

Wenn nämlich sämtliche Erben wirksam ausgeschlagen haben, kommt (nachrangig) eine familienrechtliche Haftung als Unterhaltspflichtiger in Betracht. Eine entsprechende Pflicht zur Übernahme von Beerdigungskosten kann sich dann aus § 1615 Abs. 2 BGB ergeben:

Hiernach hat im Fall des Todes eines Unterhaltsberechtigten der Unterhaltsverpflichtete die Kosten der Beerdigung zu tragen. Unterhaltsverpflichtet sind u.a. Eltern für ihre Kinder und umgekehrt. Diese Kostentragungspflicht des Unterhaltspflichtigen hat also nichts mit der Ausschlagung der Erbschaft zu tun.

Wenn keine Erben vorhanden sind oder alle Erben das Erbe ausschlagen haben bzw. keine unterhaltspflichtigen Angehörigen vorhanden sind, kann sich eine Verpflichtung zur Übernahme der Bestattungskosten aus der sog. „öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht“ ergeben: Hiervon betroffen sind „Angehörige“ des Erblassers, insbesondere Geschwister des Erblassers und deren Kinder, Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte in auf- und absteigender Linie, Adoptiveltern und Adoptivkinder. Wiederum gilt, dass diese Verpflichtung unabhängig von einer etwaigen Ausschlagung bestehen kann.

Selbst wenn keinerlei persönliche Beziehungen zu dem Verstorbenen bestanden haben, kann eine entsprechende Verpflichtung bestehen. Voraussetzung ist jedoch stets die finanzielle Leistungsfähigkeit des Angehörigen.

Sollten weder Erben noch sonstige Verwandte bzw. Angehörige für die Bestattungskosten haften, ist der Sozialhilfeträger zur Übernahme der Kosten verpflichtet. Dieser ist jedoch nur dazu verpflichtet die „erforderlichen“ Kosten der Bestattung zu übernehmen, d.h. die Kosten einer einfachen, ortsüblichen Bestattung.

Der Erblasser hat zu Lebzeiten die Gelegenheit seine Erben bzw. Verwandten vor entsprechenden Kosten zu schützen, indem er beispielsweise in einem entsprechenden Bestattungsvertrag selbst seine Bestattung regelt. Angehörige, die sich vor entsprechenden Kosten schützen möchten, können etwa spezielle Versicherungen abschließen.

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Publiziert in Newsblog

Was eigentlich wie eine Selbstverständlichkeit klingt, musste das Oberlandesgericht Köln vor kurzem in zweiter Instanz im Rahmen eines Rechtsstreits klarstellen:

Der Erblasser hatte ein halbes Jahr vor seinem Tod erfahren, dass er an Lungenkrebs erkrankt war. Kurze Zeit später traten Lähmungserscheinungen an seinem rechten Arm auf. Nach seinem Tod tauchten zwei als „Testament“ überschriebene und mit der Unterschrift des Erblassers versehene Schriftstücke auf, die sich jedoch inhaltlich widersprachen: In dem einen Schriftstück waren die Nachbarn, in dem anderen Schriftstück war ein Verwandter des Erblassers als Erbe eingesetzt worden. Die Nachbarn beantragten einen Erbschein und beriefen sich erwartungsgemäß auf das sie begünstigende „Testament“. Die Geschwister des Erblassers machten geltend, dass beide Testamente gefälscht worden seien und dass sie deshalb gesetzliche Erben Ihres Bruders geworden seien.

Wie sich später herausstellte war das „Testament“ zu Gunsten des Verwandten in der Tat gefälscht worden und daher unwirksam.

Dies galt jedoch nicht für das „Testament“ der Nachbarn: Das Schriftbild des Erblassers erschien so, als stamme auch dieses Schriftbild nicht von dem Erblasser. Die Nachbarn trugen jedoch vor, dass er es aufgrund der Lähmung des rechten Armes mit der für ihn als Rechtshänder ungeübten linken Hand habe schreiben müssen.

Nach einer umfangreichen Beweisaufnahme, in welcher u.a. ein graphologisches Gutachten eingeholt wurde, sah es das Oberlandesgericht Köln wie auch die Vorinstanz als erwiesen an, dass das die Nachbarn begünstigende Testament den gültigen letzten Willen des Erblassers beinhalte. Der gerichtlich bestellte Schriftsachverständige konnte zwar nicht mit Sicherheit bestätigen, dass das Testament vom Erblasser stammte, weil es kein geeignetes Vergleichsmaterial von Schriftstücken mit der linken Hand des Erblassers gab. Allerdings konnte ein Zeuge glaubhaft bestätigten, bei der Abfassung des mit der linken Hand geschriebenen Testaments dabei gewesen zu sein. Für das Gericht war es auch unerheblich, dass ein mit einer schreibungewohnten Hand geschriebenes Testament wesentlich unregelmäßiger aussehen müsste, da es  Menschen gebe, die mit ihrer schreibungewohnten Hand ein regelmäßiges -wenn auch krakeliges- Schriftbild erzeugen können.

(OLG Köln, Urteil vom 03.08.2017, Aktenzeichen 2 Wx 149/17 )

Da bei der Erstellung eines eigenhändigen Testaments nicht stets ein Zeuge zur Stelle sein dürfte (welcher den Erblasser auch auf jeden Fall überleben müsste), dürfte es sich anbieten im Fall der Fälle lieber einen Notar aufzusuchen, der den eigenen Willen trotz Behinderung der Schreibhand rechtswirksam zu Papier bringt.

Publiziert in Newsblog

Wer Erbe wird, wird nicht nur Eigentümer eines neuen Vermögens: Er erbt mitunter auch Schulden des Verstorbenen, für welche er nunmehr selbst in Anspruch genommen wird.

Hat der Verstorbene einen Angehörigen übergangen, der nach dem Gesetz eigentlich auch zum Erben berufen worden wäre, hat der übergangene Angehörige die Möglichkeit, gegen den Erben seinen Pflichtteil geltend zu machen.  Damit er überhaupt berechnen kann, in welcher Höhe ein Anspruch besteht, gibt ihm das Gesetz u.a. die Möglichkeit den Erben zur Auskunft über den Bestand der Erbschaft aufzufordern. Damit der Erbe die Auskünftige mit der nötigen Sicherheit und Vollständigkeit erteilt, kann der übergangene Angehörige von dem Erben sogar verlangen, dass er bei einem Notar ein sog. Nachlassverzeichnis erstellen lässt. Ein solches ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, die grundsätzlich von dem Erben aus der Erbschaft getragen werden müssen.

Der Erbe darf die Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses aber dann verweigern, wenn der Nachlass nicht ausreicht, um die Kosten des Nachlassverzeichnisses zu tragen. Dann handelt es sich um einen sogenannten „dürftigen“ Nachlass.

Das Oberlandesgericht München hat nunmehr jedoch in einem interessanten Urteil entschieden, dass der Erbe auch im Falle eines dürftigen Nachlasses ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellen muss, wenn der Pflichtteilsberechtigte ihm gegenüber erklärt, die anfallenden Kosten übernehmen zu wollen: Das Oberlandesgericht München hat zunächst betont, dass dem Pflichtteilsberechtigten grundsätzlich die Möglichkeit bleiben muss, ein Nachlassverzeichnis durch einen Notar anfertigen zu lassen, weil den Notar eigene Ermittlungspflichten treffen und dieser für den Inhalt des Verzeichnisses selbst verantwortlich ist. Der Pflichtteilsberechtigte müsse sich hierdurch nicht mehr allein auf die Angaben des Erben verlassen.

Es hat zwar den in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz bestätigt, nach welchem ein Anspruch auf Vorlage eines Nachlassverzeichnisses dann ausgeschlossen ist, wenn der Nachlass so gering ist, dass aus ihm nicht einmal die Kosten für den Notar entnommen werden können. Es hat hiervon jedoch dann eine Ausnahme gemacht, wenn der Pflichtteilsberechtigte dem Erben anbietet die anfallenden Kosten des Notars zu übernehmen. Zwar bliebe der Erbe rein formell der Auftraggeber des Notars und müsse im Verhältnis zu diesem dessen Kosten übernehmen. Durch die Kostenübernahmeerklärung des Pflichtteilsberechtigten könne er die Kosten dann aber diesem gegenüber geltend machen.

(OLG München, Urteil vom 01.06.2017 – 23 U 3956/16)

Nun kann man sich die Frage stellen, warum ein Pflichtteilsberechtigter die Vorlage eines Nachlassverzeichnisses verlangen soll, wenn der Nachlass noch nicht einmal dazu ausreicht die anfallenden Notarkosten zu decken: Dies macht zumindest dann Sinn, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten umfangreiche Schenkungen an Dritte oder den Erben vorgenommen hat, welche gegebenenfalls zu einer Erhöhung des Pflichtteils führen können. Diese müssen nämlich grundsätzlich ebenso von dem Notar im Rahmen des Nachlassverzeichnisses berücksichtigt werden.

Das Urteil des Oberlandesgerichts München macht jedenfalls deutlich, dass man nicht ohne weiteres die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten ablehnen kann, weil der Nachlass dürftig ist.

Publiziert in Newsblog