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Das OLG Koblenz hat in einer neueren Entscheidung bestätigt, dass auch dann, wenn eine im Sterben begriffene Person unter Schmerzmitteleinfluss steht, diese unter Mitwirkung eines Notars auch in einem Hospiz einen wirksamen Erbvertrag schließen kann.

Der Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde:

Ein Vater setzt zunächst seinen einzigen Sohn zu seinem Alleinerben ein. Jahrzehnte später liegt der Vater im Sterben. Seine Ehefrau sucht ihn mit einem Notar im Hospiz auf. Der Vater steht unter dem Einfluss starker Schmerzmittel und ist kaum ansprechbar. Der Notar bittet das Krankenhauspersonal die Schmerzmittel zu reduzieren und kommt am nächsten Tag mit der Mutter wieder. Die Schmerzmitteldosis des Vaters war nur leicht reduziert worden. Der Notar hält den Vater jedoch für geistig hinreichend klar und verliest ihm den neuen Erbvertrag, in dem sich Mutter und Vater gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Der Vater nickt und unterzeichnet laut Notar den Erbvertrag. Zwei Tage später verstirbt er. Der Sohn hält den neuen Erbvertrag für unwirksam, da sein Vater nicht mehr bei Sinnen gewesen und auch die Unterschrift nicht die seines Vaters sei. Als Beweis deutet er zum einen auf die Notizen der Ärzte, die den Vater mehrfach nachts als desorientiert bezeichnet haben und reicht eine 50 Jahre alte Unterschrift seines Vaters zum Vergleich ein. Er erhebt Anspruch auf den Nachlass.

Das OLG Koblenz ist der Argumentation des Sohnes nicht gefolgt und hat die Wirksamkeit des Erbvertrags bestätigt:

Nach dem Gesetz wird nämlich vermutet, dass ein Erwachsener testierfähig ist, also wirksam über seinen Nachlass verfügen kann. Wer sich, wie der Sohn auf die Unwirksamkeit eines Testaments beruft, muss die Testierunfähigkeit des Erblassers beweisen. Das ist dem Sohn hier nicht gelungen. Zwar stand der Vater unter gehörigem Schmerzmitteleinfluss. Er hatte jedoch keine Dosis eingenommen, die ihn erheblich geistig einschränken könnte. Nächtliche Verwirrung ist bei älteren, schwer erkrankten Menschen im Krankenhaus häufig der Fall und oft auf die Nacht beschränkt. Am Tage können die Patienten hinreichend klar Gedanken fassen. Ein solcher „lichter Moment“ sei ausreichend. Auch kann nicht deshalb auf Testierunfähigkeit geschlossen werden, weil der Notar den Vater am Vortag für verwirrt gehalten hat. Denn der Notar selbst beschrieb den Zustand des Vaters am nächsten Tag ebenso wie mehrere Zeugen als geistig klar.

Für notarielle Verträge ist es auch ausreichend, dass ein Vertragspartner seine Zustimmung lediglich durch eine Geste kundtut, solange das notarielle Dokument auch unterschrieben wird. Die Tatsache, dass die Unterschrift unter dem Erbvertrag Unterschiede zu einer 50 Jahre alten Unterschrift des Erblassers aufweist, ist kein Indiz für eine Fälschung.

Im Ergebnis wurde also die Mutter Alleinerbin.

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass bei Zweifeln an der Testierfähigkeit des Erblassers lieber ein Notar aufgesucht werden sollte, der diese im günstigsten Fall bestätigt. Es besteht dann in aller Regel kaum eine Möglichkeit die beurkundete letztwillige Verfügung anzugreifen.

(Oberlandesgericht Koblenz, Urt. v. 15.11.2018, Az. 1 U 1198/17)

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Wer Erbe wird, wird nicht nur Eigentümer eines neuen Vermögens: Er erbt mitunter auch Schulden des Verstorbenen, für welche er nunmehr selbst in Anspruch genommen wird.

Hat der Verstorbene einen Angehörigen übergangen, der nach dem Gesetz eigentlich auch zum Erben berufen worden wäre, hat der übergangene Angehörige die Möglichkeit, gegen den Erben seinen Pflichtteil geltend zu machen.  Damit er überhaupt berechnen kann, in welcher Höhe ein Anspruch besteht, gibt ihm das Gesetz u.a. die Möglichkeit den Erben zur Auskunft über den Bestand der Erbschaft aufzufordern. Damit der Erbe die Auskünftige mit der nötigen Sicherheit und Vollständigkeit erteilt, kann der übergangene Angehörige von dem Erben sogar verlangen, dass er bei einem Notar ein sog. Nachlassverzeichnis erstellen lässt. Ein solches ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, die grundsätzlich von dem Erben aus der Erbschaft getragen werden müssen.

Der Erbe darf die Aufnahme eines notariellen Nachlassverzeichnisses aber dann verweigern, wenn der Nachlass nicht ausreicht, um die Kosten des Nachlassverzeichnisses zu tragen. Dann handelt es sich um einen sogenannten „dürftigen“ Nachlass.

Das Oberlandesgericht München hat nunmehr jedoch in einem interessanten Urteil entschieden, dass der Erbe auch im Falle eines dürftigen Nachlasses ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellen muss, wenn der Pflichtteilsberechtigte ihm gegenüber erklärt, die anfallenden Kosten übernehmen zu wollen: Das Oberlandesgericht München hat zunächst betont, dass dem Pflichtteilsberechtigten grundsätzlich die Möglichkeit bleiben muss, ein Nachlassverzeichnis durch einen Notar anfertigen zu lassen, weil den Notar eigene Ermittlungspflichten treffen und dieser für den Inhalt des Verzeichnisses selbst verantwortlich ist. Der Pflichtteilsberechtigte müsse sich hierdurch nicht mehr allein auf die Angaben des Erben verlassen.

Es hat zwar den in der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz bestätigt, nach welchem ein Anspruch auf Vorlage eines Nachlassverzeichnisses dann ausgeschlossen ist, wenn der Nachlass so gering ist, dass aus ihm nicht einmal die Kosten für den Notar entnommen werden können. Es hat hiervon jedoch dann eine Ausnahme gemacht, wenn der Pflichtteilsberechtigte dem Erben anbietet die anfallenden Kosten des Notars zu übernehmen. Zwar bliebe der Erbe rein formell der Auftraggeber des Notars und müsse im Verhältnis zu diesem dessen Kosten übernehmen. Durch die Kostenübernahmeerklärung des Pflichtteilsberechtigten könne er die Kosten dann aber diesem gegenüber geltend machen.

(OLG München, Urteil vom 01.06.2017 – 23 U 3956/16)

Nun kann man sich die Frage stellen, warum ein Pflichtteilsberechtigter die Vorlage eines Nachlassverzeichnisses verlangen soll, wenn der Nachlass noch nicht einmal dazu ausreicht die anfallenden Notarkosten zu decken: Dies macht zumindest dann Sinn, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten umfangreiche Schenkungen an Dritte oder den Erben vorgenommen hat, welche gegebenenfalls zu einer Erhöhung des Pflichtteils führen können. Diese müssen nämlich grundsätzlich ebenso von dem Notar im Rahmen des Nachlassverzeichnisses berücksichtigt werden.

Das Urteil des Oberlandesgerichts München macht jedenfalls deutlich, dass man nicht ohne weiteres die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten ablehnen kann, weil der Nachlass dürftig ist.

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