Michael Proca

Michael Proca

Rechtsanwalt Michael Proca ist seit Januar 2008 in unserer Kanzlei tätig, seit 2009 ist er Partner der Sozietät. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht ist er Ihr Ansprechpartner sowohl in zivil- als auch straf- und bußgeldrechtlichen Angelegenheiten rund um den Straßenverkehr.

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AG Landstuhl vom 17.3.2021, Az. 2 OWi 4211 Js 2050/21

Ein Autofahrer wurde mit dem Geschwindigkeitsmessgerät LEIVTEC XV3 bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung erfasst. Es erging ein Bußgeldbescheid, gegen den der Autofahrer Einspruch eingelegt hat. Er trug vor, dass er Zweifel an der Richtigkeit der Messung hege. Das verwendete Messgerät sei bei nachgestellten Messungen durch Messungenauigkeiten aufgefallen. Die Behörde bestand auf Zahlung, die Sache ging vor Gericht.

Das AG Landstuhl entschied, dass die Messung nicht im wirtschaftlich sinnvollen Rahmen nachprüfbar ist.

Das Gericht hat festgestellt, dass Geschwindigkeitsmessungen des Gerätes Leivtec XV3 nicht zuverlässig sind. Es liege bei Messungen mit diesem Gerät kein standardisiertes Messverfahren vor. Daher müsse die einzelne Messung überprüft werden. In diesem Fall habe der Messgerätehersteller selbst darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Messgenauigkeit bestehen. Die Mehrzahl der durchgeführten Messungen dürfte zwar wahrscheinlich korrekt sein. Unter bestimmten Bedingungen seien aber Messfehler denkbar. Unter diesen Umständen müsste ein Sachverständiger den Messwert ermitteln. Nach Ansicht des Gerichts seien die Kosten dafür außer Verhältnis zu der Geldbuße. Zudem sei über den Messvorgang an sich wenig bekannt. Möglich sei allenfalls eine Plausibilitätsprüfung. Ob das Messergebnis richtig sei, könne damit aber nicht bestätigt werden.

Das Verfahren wurde eingestellt.

Quelle: adac-vertragsanwalt.de

In den vergangenen Wochen und Monaten haben sich immer wieder Pressemitteilungen dazu gefunden, dass standardisierte Messverfahren zur Erfassung von Geschwindigkeitsverstößen aufgrund der teilweise nicht vollständigen Datenspeicherung möglicherweise nicht verfassungskonform seien. Für besonders großes Aufsehen hatte die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes vom 27.04.2018 gesorgt. Die Verfassungsrichter waren seinerzeit zu dem Ergebnis gekommen, dass dem betroffenen Autofahrer das Recht zusteht, die gesamte Messreihe und die ihr zu Grunde liegenden Rohmessdaten einzusehen. Wenn dem Betroffenen und seinem Verteidiger keine vollständige Akteneinsicht gewährt würde, so stelle dies einen Verstoß gegen ein faires Verfahren da.

Das Oberlandesgericht Bamberg nahm im Beschluss vom 13.6.2018 zu den Argumenten des saarländischen Verfassungsgerichtshofes Stellung und kam zu dem Ergebnis, dass durch die Ablehnung der Akteneinsicht in vorhandene Rohmessdaten gerade kein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör bzw. das Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren vorlege. Gegen diesen Beschluss wurde Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt, das Bundesverfassungsgericht hat diese zu Entscheidung angenommen, das Aktenzeichen des aktuellen Verfahrens lautet 2 BVR 1451/18.

Was bedeutet dies für die Praxis? Immer wieder sorgen Geschwindigkeitsmessverfahren für große Aufregung sowohl für den einzelnen Betroffenen als auch in der Öffentlichkeit, wenn umfangreich darüber berichtet wird, wann  Verfahren „verfasungswidrig” seien. So liest man immer wieder von vorauseilenden Lichtblitzen von LED-Scheinwerfern oder aber von einem Verstoß gegen Grundrechte, wie eingangs dargestellt, wenn die Rohmessdaten die das Messgerät sammelt den Betroffenen beziehungsweise der Verteidigung nicht zur Verfügung gestellt werden.

In den vergangenen Jahren war es stets gefestigte Rechtsprechung der Obergerichte, dass die vollständige Messreihe (einschließlich der Rohmessdaten innerhalb des jeweiligen Messgerätes den Betroffenen in seinem Verfahren nicht zur Verfügung gestellt werden müssen. Immer wieder wurden entsprechende Beweisanträge abgelehnt, die Nachprüfbarkeit der Geschwindigkeitsmessung gestaltete sich für die Verteidigung stets ausgesprochen schwierig.

Mit der jetzt gerade neu begonnenen Diskussion darüber, ob der grundrechtlich geschützte Anspruch auf rechtliches Gehör und das Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren möglicherweise verletzt sind, wenn dem Betroffenen die Möglichkeit genommen wird, die gesamte Messreihe zu analysieren, werden die standardisierten Messsysteme abermals infrage gestellt. Es wäre allerdings noch verfrüht, einen tatsächlichen „Erfolg” anzunehmen. Zunächst einmal bleibt abzuwarten, wie das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgericht Bamberg vom 13.6.2018 entscheiden wird.

Maßgebend ist wiederum die Frage, wie auch andere Obergerichte in der Praxis entscheiden. Immer wieder kommt es vor, dass mutige Amtsrichter Verfahren einstellen oder gar freisprechen. Allerdings findet sich auch ebenso häufig die jeweilige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die dann durch die Rechtsprechung der Obergerichte Erfolg verzeichnen kann.

Damit muss schlussendlich festgehalten werden, dass standardisierte Messverfahren auch heute noch zunächst einmal für unsere Amtsgerichte ausreichend und geeignet erscheinen, um Geschwindigkeitsverstöße zu dokumentieren und anschließend durch das Gericht zu sanktionieren. Sollte sich jedoch die Tendenz in der Rechtsprechung der Verfassungsgerichte und des Bundesverfassungsgerichtes, verstärken, wonach ein faires Verfahren nur dann gegeben ist, wenn auch wirklich die gesamte Messreihe einschließlich aller durch das Messgerät gesammelten Rohmessdaten im Rahmen der Akteneinsicht zur Verfügung und Überprüfung durch die Verteidigung gestellt werden müssen, so ist hier quasi Licht am Ende des Tunnels erkennbar ! Dann bleibt abzuwarten, zu welchen Ergebnissen Techniker gelangen, wenn eine tatsächlich vollständige Information durch umfangreiche Akteneinsicht und die Bereitstellung aller notwendigen Datensätze erfolgt.

Eine enge Zusammenarbeit zwischen Verteidigern und technischen sachverständigen ist dann geboten, damit im jeweiligen Einzelfall nachvollzogen werden kann, ob das Fahrzeug des Betroffenen tatsächlich zu schnell gewesen ist oder nicht.

… denn das Verwaltungsgericht Hannover hat gestern dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Az. 7 B 850/19) sowie einer Klage (Az. 7 A 849/19) stattgegeben, mit denen der Antragsteller und Kläger begehrte, dass das Land Niedersachsen es unterlässt, Geschwindigkeitskontrollen hinsichtlich der von ihm geführten Fahrzeuge mittels der Anlage „Section Control" auf der B 6 in Laatzen zwischen den Anschlussstellen Gleidingen und Laatzen durchzuführen.

Gegen die Entscheidungen kann das Land Niedersachsen bezüglich der einstweiligen Anordnung in die Beschwerde gehen, zudem hat die Kammer im Klageverfahren die Berufung zugelassen.

Das Gericht weist auf folgendes hin:

Da durch das Messsystem alle Kennzeichen im überwachten Abschnitt beim Einfahren und Aus-fahren in diesen erfasst werden, bedarf es nach Ansicht des Gerichts – sowohl für den Treffer als auch für den Nichttrefferfall – einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, auch wenn die Kennzeichen im Nichttrefferfall umgehend gelöscht werden.

Allein mit der Erfassung der Kennzeichen wird in das verfassungsrechtlich garantierte informationelle Selbstbestimmungsrecht eingegriffen, stellte die Kammer fest. Für einen solchen Eingriff bedarf es stets – auch ungeachtet der jeweiligen Schwere des Eingriffs – einer gesetzlichen Grundlage; dass „Section Control" sich noch im Probebetrieb befindet, ändert hieran nichts. Dies folge auch aus dem jüngsten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2018 zur automatisierten Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle zum Abgleich mit dem Fahndungsbestand. 

An einer solchen gesetzlichen Grundlage fehlt es derzeit in Niedersachsen: Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass im Niedersächsischen Landtag ein entsprechender Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Polizeirechts (LT-Drs. 18/850) eingebracht ist, in dem mit § 32 Abs. 8 NPOG-E eine Rechtsgrundlage geschaffen werden soll. 

Offen ließ die Kammer, ob eine solche Rechtsgrundlage in die Gesetzgebungskompetenz des Landes Niedersachsen fällt oder der Bundesgesetzgeber tätig werden müsste. Sie stellte fest, dass jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt weder auf Bundes- noch auf Landesgesetzesebene eine Ermächtigungsgrundlage existiert. 

Der Antragsteller und Kläger muss einen Eingriff in seine Rechte auch nicht während eines Probebetriebes von „Section Control" hinnehmen. Aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Gewaltenteilungsgrundsatz folgt, dass die Exekutive nicht so handeln darf, als hätte der Gesetzgeber sie hierzu schon ermächtigt. 

Der Staat ist auch nicht zwingend auf „Section Control" angewiesen: Er kann die Verkehrsüberwachung bis zur Schaffung einer Rechtsgrundlage auch auf andere Weise durchführen. 

Was bedeutet dies im Alltag ?

Auch wenn die Messstelle mit dem neuen Messverfahren zunächst außer Betrieb genommen werden muss, wird dies vermutlich nicht die letzte gerichtliche Entscheidung in dieser Sache sein:

Zum einen bleibt abzuwarten, ob in den beiden Verfahren Rechtsmittel eingelegt werden, um die Rechtslage vor einer speziellen gesetzlichen Regelung in § 32 Nr. 8 NPOG-E abschließend zu klären und die Anlage ggf. bis zu dessen Inkrafttreten wieder in Betrieb nehmen zu können.

Zum anderen bleibt die Frage auch nach einem möglichen Inkrafttreten der geplanten Regelung im NPOG-E offen, ob der niedersächsische Landesgesetzgeber überhaupt die Gesetzgebungs-kompetenz für eine solche Norm hat oder eine solche Regelung durch den Bundesgesetzgeber erfolgen müsste.

Es bleibt also – mal wieder – spannend …

Gerne stellen wir Ihnen an dieser Stelle eine aktuelle Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs zum Thema "Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als  Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess" zur Verfügung.


Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle Nr. 88/2018

Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess

Urteil vom 15. Mai 2018 – VI ZR 233/17

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess entschieden.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger nimmt den Beklagten und seine Haftpflichtversicherung nach einem Verkehrsunfall auf restlichen Schadensersatz in Anspruch. Die Fahrzeuge der Parteien waren innerorts beim Linksabbiegen auf zwei nebeneinander verlaufenden Linksabbiegespuren seitlich kollidiert. Die Beteiligten streiten darüber, wer von beiden seine Spur verlassen und die Kollision herbeigeführt hat. Die Fahrt vor der Kollision und die Kollision wurden von einer Dashcam aufgezeichnet, die im Fahrzeug des Klägers angebracht war.

Das Amtsgericht hat dem Kläger unter dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr die Hälfte seines Gesamtschadens zugesprochen. Der Kläger habe für seine Behauptung, der Beklagte sei beim Abbiegen mit seinem Fahrzeug auf die vom Kläger genutzte Fahrspur geraten, keinen Beweis erbracht. Der Sachverständige komme in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass aus technischer Sicht die Schilderungen beider Parteien zum Unfallhergang prinzipiell möglich seien. Dem Angebot des Klägers, die von ihm mit einer Dashcam gefertigten Bildaufnahmen zu verwerten, sei nicht nachzukommen. Die Berufung des Klägers hat das Landgericht zurückgewiesen. Die Aufzeichnung verstoße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen und unterliege einem Beweisverwertungsverbot. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Die Entscheidung des Senats:

Auf die Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Die vorgelegte Videoaufzeichnung ist nach den geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen unzulässig. Sie verstößt gegen § 4 BDSG, da sie ohne Einwilligung der Betroffenen erfolgt ist und nicht auf § 6b Abs. 1 BDSG oder § 28 Abs. 1 BDSG gestützt werden kann. Jedenfalls eine permanente anlasslose Aufzeichnung des gesamten Geschehens auf und entlang der Fahrstrecke des Klägers ist zur Wahrnehmung seiner Beweissicherungsinteressen nicht erforderlich, denn es ist technisch möglich, eine kurze, anlassbezogene Aufzeichnung unmittelbar des Unfallgeschehens zu gestalten, beispielsweise durch ein dauerndes Überschreiben der Aufzeichnungen in kurzen Abständen und Auslösen der dauerhaften Speicherung erst bei Kollision oder starker Verzögerung des Fahrzeuges.

Dennoch ist die vorgelegte Videoaufzeichnung als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess verwertbar. Die Unzulässigkeit oder Rechtwidrigkeit einer Beweiserhebung führt im Zivilprozess nicht ohne Weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Über die Frage der Verwertbarkeit ist vielmehr aufgrund einer Interessen- und Güterabwägung nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zu entscheiden. Die Abwägung zwischen dem Interesse des Beweisführers an der Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Ansprüche, seinem im Grundgesetz verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör in Verbindung mit dem Interesse an einer funktionierenden Zivilrechtspflege einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beweisgegners in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung und ggf. als Recht am eigenen Bild andererseits führt zu einem Überwiegen der Interessen des Klägers.

Das Geschehen ereignete sich im öffentlichen Straßenraum, in den sich der Beklagte freiwillig begeben hat. Er hat sich durch seine Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung durch andere Verkehrsteilnehmer ausgesetzt. Es wurden nur Vorgänge auf öffentlichen Straßen aufgezeichnet, die grundsätzlich für jedermann wahrnehmbar sind. Rechnung zu tragen ist auch der häufigen besonderen Beweisnot, die der Schnelligkeit des Verkehrsgeschehens geschuldet ist. Unfallanalytische Gutachten setzen verlässliche Anknüpfungstatsachen voraus, an denen es häufig fehlt.

Der mögliche Eingriff in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte anderer (mitgefilmter) Verkehrsteilnehmer führt nicht zu einer anderen Gewichtung. Denn ihrem Schutz ist vor allem durch die Regelungen des Datenschutzrechts Rechnung zu tragen, die nicht auf ein Beweisverwertungsverbot abzielen.

Verstöße gegen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen können mit hohen Geldbußen geahndet werden und vorsätzliche Handlungen gegen Entgelt oder in Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht sind mit Freiheitsstrafe bedroht. Im Übrigen kann die Aufsichtsbehörde mit Maßnahmen zur Beseitigung von Datenschutzverstößen steuernd eingreifen.

Schließlich ist im Unfallhaftpflichtprozess zu beachten, dass das Gesetz den Beweisinteressen des Unfallgeschädigten durch die Regelung des § 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) ein besonderes Gewicht zugewiesen hat. Danach muss ein Unfallbeteiligter die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und die Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglichen. Nach § 34 StVO sind auf Verlangen der eigene Name und die eigene Anschrift anzugeben, der Führerschein und der Fahrzeugschein vorzuweisen sowie Angaben über die Haftpflichtversicherung zu machen.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 4 Abs. 1 BDSG:

(1) Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat.

§ 6b Abs. 1 BDSG:

(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie ….

3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. ….

§ 28 Abs. 1 BDSG:

(1) Das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke ist zulässig

2. soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. …


Ende der Pressemitteilung

Nicht nur in der Vorweihnachtszeit, sondern das ganze runde Jahr über kommt es immer wieder vor, dass ein kleiner Rempler und eine kleine Unachtsamkeit große Folgen nach sich ziehen können.

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort geschieht deutlich häufiger als man denkt. Eine kurze Unaufmerksamkeit, eine Berührung, die man vielleicht im ersten Moment gar nicht richtig zuordnet und dann leider den falschen Entschluss fasst, den Ort des Geschehens zu verlassen, ohne sich um die weiteren notwendigen Feststellungen zu kümmern.

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort ist keine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Verkehrsstraftat. Dies bedeutet erhebliche strafrechtliche und auch versicherungsrechtliche Konsequenzen. In den vergangenen Wochen und Monaten ist mehrfach und intensiv darüber diskutiert worden, ob die Norm, die aus dem Jahr 1975 stammt, überhaupt noch zeitgemäß ist.

Der Straftatbestand, dessen geschütztes Rechtsgut die Feststellung und Sicherung der durch einen Unfall verursachten zivilrechtlichen Ansprüche eines Geschädigten ist, steht - abgesehen von der in der Praxis wenig bedeutsamen Einführung der „tätigen Reue“ im Jahre 1988 - seit über 40 Jahren unverändert im Strafgesetzbuch. Zudem geht der Gesetzgeber in § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB davon aus, dass derjenige, der sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Dies bedeutet im Regelfall den Entzug der Fahrerlaubnis und eine Sperrfrist zur Wiedererteilung von mindestens sechs Monaten.

Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort kann nicht nur strafrechtliche, sondern darüber hinaus auch ganz erhebliche versicherungsrechtliche Konsequenzen haben. Verletzt der Versicherungsnehmer mit dem Entfernen gleichzeitig eine vertraglich vereinbarte Aufklärungspflicht, so kann dies zur Leistungsfreiheit des Versicherers gemäß § 28 VVG führen. Auch hier ist stets der Einzelfall von Bedeutung, insbesondere wenn es der Verteidigung gelingt, eine Verurteilung zu vermeiden und eine Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO zu erreichen. Es entsteht regelmäßig Streit darüber, ob damit der Versicherungsschutz erhalten wird oder dennoch verloren geht.

Was bedeutet dies für die Praxis? Zunächst einmal gilt der Grundsatz, dass es in den allermeisten Fällen deutlich geschickter ist, am Unfallort zu verbleiben und auch die Polizei hinzu zu rufen. Eine kleine Unachtsamkeit wird dann im Regelfall lediglich mit einer Verwarnung sanktioniert und der Versicherungsschutz bleibt erhalten. Hat man jedoch den Entschluss – gleich aus welchen Gründen -  gefasst, sich vom Unfallort zu entfernen und die Ermittlungen beginnen, dann muss jedem Beschuldigten dazu angeraten werden, zunächst zu schweigen und keine Erklärungen zur Sache abzugeben. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen man tatsächlich nicht gemerkt hat, dass es zu der Berührung und Beschädigung eines anderen Fahrzeuges gekommen ist.

Der 56. Verkehrsgerichtstag in Goslar hat sich darüber hinaus intensiv mit einer Reform des § 142 StGB befasst. Es soll insbesondere veranlasst werden, dass derjenige, der sich nach einiger Zeit doch noch meldet und so die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche ermöglicht, nicht mehr sanktioniert wird. So die eindeutige Empfehlung des Verkehrsgerichtstages in Goslar. Es bleibt nun abzuwarten, wie der Gesetzgeber hierauf reagieren wird.

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{SCOpenGraph description=Lesen Sie auf der Homepage der Kanzlei einen neuen Beitrag von Rechtsanwalt Michael Proca zum Thema "Verkehrsrecht - Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort – es passiert schneller als man denkt!"}

Der Bundesrat hat am 22.09.2017 die 53. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften beschlossen; sie ist noch am Tag der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten.

Mit dieser Änderungsverordnung werden zahlreiche Vorschriften geändert und Bußgelder auch erhöht. Die wichtigste Änderung betrifft den § 23 StVO.

Kernpunkt der Neufassung sind die Vorschriften zur Handhabung von Mobilfunktelefonen und anderen Geräten. Der Gesetzgeber hat in § 23 Abs. 1 war StVO nun geregelt:

„Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, dass der Kommunikation, Information und Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen werden

  1. hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
  2. entweder

- nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder

- zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen –, Verkehrs –, Sicht – und Wetterverhältnissen angepassten Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitiger entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.

Gerät im Sinne des Satzes eins sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Gerät zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorecorder. Handelt es sich bei dem Gerät im Sinne des Satzes 1, auch i.V.m. S. 2, um ein auf dem Kopf getragenes visuelles Ausgabegerät, insbesondere eine Videobrille, darf dieses nicht benutzt werden.

Verfügt das Gerät im Sinne des Satzes 1, auch i.V.m. S. 2, über eine Sichtfeldprojektion darf diese für fahrzeugbezogene, verkehrszeichenbezogene, tatbezogene oder fahrtbegleitende Informationen benutzt werden. Abs. 1c und § 1 Buchst. b des Straßenverkehrsgesetzes bleiben unberührt.

㤠23 Abs. 1 Buchst. b

Abs. 1a S. 1-3 gilt nicht für:

  1. ein stehendes Fahrzeug im Falle eines Kraftfahrzeuges vorbehaltlich der Nr. 3 nur, wenn der Motor vollständig ausgeschaltet ist,
  2. den bestimmungsgemäßen Betrieb einer atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperre, soweit ein für den Betrieb bestimmtes Handteil aufgenommen und gehalten werden muss,
  3. stehende Straßenbahnen oder Linienbusse an Haltestellen.

Das fahrzeugseitige automatische Abschalten des Motors im Verbrennungsbetrieb oder das Ruhen des elektrischen Antriebes ist kein Ausschalten des Motors in diesem Sinne. Abs. 1a S. 1 Nr. 2b gilt nicht für

  1. die Benutzung eines Bildschirms oder einer Sichtfeldprojektion zu Bewältigung der Fahraufgabe des Rückwärtsfahrens oder Einparkens, soweit das Fahrzeug nur in Schrittgeschwindigkeit bewegt wird oder
  2. die Benutzung elektronischer Geräte die vorgeschriebenen Spiegel ersetzen oder ergänzen.

Der bisherige Abs. 1b wird 1c.“

Wie aus den voranstehenden Ausführungen deutlich ersichtlich, hat sich der Gesetzgeber nun sehr intensiv mit dem technischen Fortschritt in unseren modernen Fahrzeugen befasst. Mit der Neufassung wird das „In-der-Hand-halten“ vieler elektronischer Geräte weit über das Handy hinaus für den Fahrzeugführer verboten. Auch das z.B. in einer Hauptverhandlung gerne angeführte Diktiergerät oder auch der iPod fallen nunmehr klar unter das Verbot!

Zudem umfasst die Vorschrift auch die Blickzuwendung zu festeingebauten Geräten, wie z.B. Navigationssystemen bei gleichzeitiger Blickabwendung von der Straße in Abhängigkeit von deren Dauer. Hier bleibt in der Praxis abzuwarten wo die Gerichte eine zeitliche Grenze ziehen und Geldbußen verhängt werden.

Weiterhin stellt die Änderung klar, dass Mobiltelefone & Co. durch den Fahrzeugführer nur dann in die Hand genommen werden dürfen, wenn das Fahrzeug steht und der Motor vollständig ausgeschaltet ist. Das Ausschalten des Motors über eine Start-Stop-Automatik ist hier nicht ausreichend, ebenso das Ruhen eines Elektrobetriebes.

Die Bußgelder haben sich deutlich erhöht. Bei Verstößen gegen § 23 StVO drohen nun Geldbußen zwischen 100 € (ein Punkt) und bis zu 200 €, zwei Punkten und einem Monat Fahrverbot, wenn der Verstoß auch zu einer Sachbeschädigung (z. B. Verkehrsunfall) führt.

Zu beachten ist hier auch, dass auch Radfahrer mit einer Geldbuße von 55 € belegt werden können, wenn sie gegen die Vorschrift des §§ 23 StVO verstoßen!

Quelle: Mitteilung der juristischen Zentrale ADAC – 67/2017

Der Verlust des Führerscheins ist für viele Betroffene, die sich dem Tatvorwurf einer Verkehrsordnungswidrigkeit oder auch einer Verkehrsstraftat ausgesetzt sehen, in vielen Fällen die größte Sorge. Mobilität und Flexibilität sind untrennbar mit dem Besitz von Führerschein und Fahrerlaubnis verbunden.

War es in der Vergangenheit so, dass ein Fahrverbot lediglich bei Verstößen bzw. Zuwiderhandlungen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften als Nebenfolge oder Nebenstrafe ausgesprochen werden konnte, so hat der Gesetzgeber nun die Vorschrift des § 44 StGB neu gefasst. Nach dieser Neufassung, welche mit Wirkung zum 24. August 2017 in Kraft getreten ist, kann auch dann ein Fahrverbot von bis zu 6 Monaten verhängt werden, wenn die Straftat nicht bei oder in Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde.

Dies bedeutet, dass auch dann mit einem Fahrverbot gerechnet werden kann, wenn ein Straftatbestand des allgemeinen Strafrechts Gegenstand der Verurteilung ist. Dies wird in der Praxis bedeuten, dass auch beispielsweise ein Diebstahl oder ein Betrug, der mit einer Geldstrafe geahndet wird, zusätzlich als weitere Sanktion ein Fahrverbot beinhalten kann. Der Straftäter muss also in Zukunft – auch bei Taten außerhalb des Verkehrsstrafrechts – damit rechnen, dass das Gericht für die Dauer von einem bis zu 6 Monaten ein Fahrverbot verhängt!

An dieser Stelle sei noch einmal deutlich drauf hingewiesen, dass das Fahrverbot von einem Entzug der Fahrerlaubnis zu unterscheiden ist. Bei einem Fahrverbot wird der Führerschein für die angeordnete Dauer in amtliche Verwahrung genommen. Der Betroffene erhält also das Ausweispapier nach Ablauf des Fahrverbotes quasi automatisch zurück. Der Entzug der Fahrerlaubnis hingegen führt dazu, dass die Berechtigung, einen Führerschein zu erhalten „vernichtet wird“. Der Betroffene ist in diesem Fall gehalten, die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis bei der zuständigen Verwaltungsbehörde zu beantragen. Dies kann oft mit dem Erfüllen bestimmter Auflagen einhergehen. Häufig ist die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis auch an die Beibringung eines (positiven) medizinisch-psychologischen Gutachtens geknüpft.

Wie die Rechtsprechungspraxis mit der neu gegebenen Möglichkeit des § 44 StGB umgehen wird, bleibt abzuwarten. Wir werden berichten …

… dann sollte man stets genau hinterfragen und beobachten, was Gegenstand des Besuches ist. Nur zu gern neigen wir dazu, Fragen der Polizeibeamten an der Tür offenherzig und auch stets ehrlich zu beantworten. Viel zu oft geschehen dabei Fehler, die im späteren Ermittlungsverfahren ganz erhebliche Nachteile bedeuten können.

Wichtig ist zunächst, die eigene Rolle, die einem durch die Polizei übertragen wird, richtig einzuordnen. Ist man „Zeuge“ oder „Beschuldigter“?

Die Polizei ist natürlich gehalten, jeden Bürger über seine Rechte hinsichtlich der Verweigerung einer Auskunft zu belehren. Da dies jedoch oft im Rahmen einer ersten „informatorischen Befragung“ verloren geht oder wir uns viel zu schnell dazu hinreißen lassen, mitzuteilen, dass wir mit dem Pkw, der draußen auf dem Hof steht, auch gerade gefahren sind, ist das Kind oft schneller in den Brunnen gefallen als man denkt.

Grundsätzlich sollte man daher mit der Beantwortung von Fragen der Polizeibeamten sehr vorsichtig bis sparsam sein. Der Grundsatz, dass reden Silber, schweigen jedoch Gold ist, gewinnt hier eine besondere Bedeutung. Bedenken Sie, dass Sie sowohl als Beschuldigter im Strafverfahren (§ 55 StPO) als auch in ihrer Eigenschaft als Angehöriger oder Verwandter (§ 52 StPO) ein Auskunfts- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht haben. Von diesem Recht sollten Sie Gebrauch machen in dem Sie zunächst schweigen und den Polizeibeamten genau zuhören, was denn vorgefallen sei bzw. was Ihnen zur Last gelegt wird.

Im Zweifelsfalle ist es immer besser, zunächst eine Aussage zu verweigern und sich anwaltlicher Hilfe bzw. Beratung zu bedienen, da Angaben zur Sache auch im laufenden Verfahren immer noch abgegeben werden können, ohne dass Ihnen dadurch Rechtsnachteile entstehen.

An dieser Stelle dann auch noch der ausdrückliche Hinweis, dass man ausgesprochen vorsichtig sein sollte, wenn man bewusst die Unwahrheit sagt. Dies kann erhebliche Rechtsnachteile mit sich bringen, wenn z.B. eine Strafvereitelung dadurch entsteht, dass bewusst falsche Angaben gemacht werden. Hier ist allerhöchste Vorsicht geboten!

Daher ist es oft am geschicktesten, wenn man zunächst die Aussage schlicht verweigert und zu etwaigen Tatvorwürfen schweigt. Wenn man dann nach entsprechender Beratung und selbstverständlich auch vollständiger Akteneinsicht gemeinsam mit dem Verteidiger eine Erklärung zur Sache abgibt, dann ist man auf der sicheren Seite und verhindert möglicherweise ganz erhebliche negative Konsequenzen.